Job Crafting als Motivationsinstrument

Job Crafting als Motivationsinstrument

Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter führen, aber nicht bevormunden. Wenn die Vorgaben zu eng sind, häufen sich die Fehler, Unzufriedenheit macht sich breit und die Leistungsbereitschaft sinkt. Andersherum können Führungskräfte ein Job Crafting als Motivationsinstrument nutzen.

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Im Arbeitsalltag weist die Führungskraft ihren Mitarbeitern verschiedene Aufgaben zu. Gleichzeitig gibt sie vor, wie, womit und bis wann die Aufgaben erledigt sein sollen.

Doch statt sich voller Tatendrang ans Werk zu machen, klagen die Mitarbeiter über das hohe Arbeitspensum oder beschweren sich darüber, warum ausgerechnet sie schon wieder bestimmte Aufgaben erledigen sollen. Oder die Mitarbeiter machen sich mehr oder weniger widerwillig an die Arbeit, sind unkonzentriert, spulen einen Dienst nach Vorschrift ab und machen immer wieder die gleichen Fehler.

Einige Mitarbeiter versuchen auch, sich einzubringen, indem sie der Führungskraft andere Lösungswege und neue Herangehensweisen vorschlagen. Doch das stößt bei der Führungskraft nicht unbedingt auf Zustimmung. Schließlich sollen die Mitarbeiter ihre Aufgaben erledigen und nicht herumexperimentieren. Dafür, neue Wege zu etablieren und Veränderungen anzustoßen, fühlt sich die Führungskraft zuständig.

Was nach einem weniger gelungenen Arbeitskonzept klingt, ist häufig Realität. Dabei ergibt sich die Motivation von Mitarbeitern weniger daraus, strikte Anweisungen zu befolgen und zugewiesene Aufgaben exakt nach Vorgabe zu erledigen.

Stattdessen sind Mitarbeiter dann motiviert, wenn sie sich einbringen und ihre Arbeitsinhalte so gestalten können, dass die eigenen Stärken und Interessen zum Tragen kommen. Diese aktive Mitgestaltung des Arbeitsplatzes verbirgt sich hinter der Idee des Job Crafting.

 

Die Idee hinter dem Job Crafting

Das Konzept des Job Crafting geht auf die drei Wissenschaftler Jane Dutton, Amy Wrzesniewski und Justin M. Berg zurück. Die Idee dahinter ist, dass Mitarbeitern bestimmte Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden, durch die die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze, ihre Arbeitsinhalte und ihre Arbeitsabläufe selbst gestalten können.

Das Ziel ist, dass die Mitarbeiter ihre Stärken einbringen, ihre persönlichen Ziele erreichen und eine für sich selbst gewinnbringende Vorgehensweise entwickeln können. Im Ergebnis wird die Arbeit effektiver, wovon dann wieder sowohl die Führungskraft als auch das Unternehmen profitieren.

Insofern ist das Job Crafting das Gegenstück zu einem Führungskonzept, bei dem der allwissende Vorgesetzte alle Anweisungen und Abläufe vorgibt und deren exakte Einhaltung verlangt.

 

Job Crafting findet ohnehin statt

Natürlich ist die Arbeit kein Wunschkonzert und selbstverständlich muss es gewisse Regeln geben. Wenn jeder Mitarbeiter nur das machen würde, was er möchte, und dazu auch noch wie er es möchte, könnte ein Unternehmen nicht funktionieren. Andererseits wird das Job Crafting jeden Tag mehr oder weniger offensichtlich praktiziert.

Dazu zwei Beispiele:

Eine Büromitarbeiterin entwickelt ein Formular, durch das sie die täglichen Postein- und -ausgänge einfacher und übersichtlicher erfassen kann. Dadurch spart sie jeden Tag nicht nur Arbeitszeit ein, sondern verhindert, dass eine Korrespondenz übersehen wird.

Ein Mitarbeiter, der für die Kundenberatung und den Verkauf zuständig ist, hilft in ruhigen Momenten Kollegen aus anderen Arbeitsbereichen dabei, den Umgang mit der neuen Bestellsoftware zu lernen.

Beide Mitarbeiter bringen sich ein, nutzen ihre Talente und folgen ihren Interessen. Die Büromitarbeiterin, indem sie ihre täglichen Arbeitsabläufe effektiver gestaltet, und der Verkäufer, indem er sein Wissen und Können nutzt, um andere Kollegen zu unterstützen.

Statt solche positiven Herangehensweisen zu fördern und das Engagement zu belohnen, reagiert so manche Führungskraft jedoch verschnupft. Beispielsweise weil sie fürchtet, dass bestimmte Aufgaben liegen bleiben oder nicht wie vorgesehen erledigt werden.

 

Die Strategien der Mitarbeiter beim Job Crafting

Damit Führungskräfte das Potenzial, das im Job Crafting als Arbeits- und als Motivationsinstrument steckt, erkennen und nutzen können, müssen sie die Strategien kennen, die Mitarbeiter durch Job Crafting verfolgen. Dabei lassen sich drei Ansätze feststellen:

  1. Veränderter Aufgabenbereich: Mitarbeiter ordnen ihre Arbeitsinhalte neu, indem sie beispielsweise mehr, andere oder weniger Aufgaben übernehmen, als eigentlich vorgesehen. Sie stellen fest, dass sie bestimmte Aufgaben besonders gut und gerne erledigen, während ihnen andere Aufgaben nicht unbedingt liegen. Durch eine Erweiterung oder Eingrenzung ihres eigenen Aufgabenbereichs schöpfen sie ihre Stärken und Neigungen aus. Dadurch arbeiten sie nicht nur effektiver, sondern können ihre Leistungen steigern, weil sie versuchen, die Arbeitsabläufe zu optimieren und neue Arbeitshilfen zu entwickeln.
  2. Teamwork: Die Mitarbeiter gestalten ihre sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz um, indem sie beispielsweise häufiger oder in veränderter Form mit anderen Kollegen zusammenarbeiten. Sie sprechen sich untereinander ab, wer welche Aufgaben erledigt, oder geben sich abteilungsübergreifend Hilfestellung.
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3.      Sinn:

Die Mitarbeiter definieren den Sinn ihrer Tätigkeit. Der Verkäufer beispielsweise sieht seine Aufgabe nicht nur darin, irgendwelche Produkte in möglichst großen Mengen an den Mann zu bringen. Stattdessen versteht er es als seine Aufgabe, Kunden zu beraten und Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Kunden optimal gerecht werden.

 

Die Phasen beim Job Crafting

Das Job Crafting ist keine einmalige Veränderung oder zeitweise Maßnahme eines Mitarbeiters. Stattdessen versteht sich das Job Crafting als ein Prozess, der sich in mehrere Phasen gliedert. Die Aufgabe der Führungskraft besteht darin, den aktuellen Status eines Mitarbeiters richtig einzuschätzen, nachzuvollziehen und den Veränderungsprozess unterstützend zu fördern.

 

Phase 1: Job Crafting erkennen

In der ersten Phase zeigt ein Mitarbeiter den Wunsch oder das Bedürfnis, bestimmte Aspekte seiner Arbeit zu verändern. Die Führungskraft kann dies dadurch feststellen, dass der Mitarbeiter

・       mit seinen Aufgaben oder seinem Tätigkeitsbereich zunehmend unzufrieden scheint,
・       Probleme oder Konflikte anspricht,
・       andere Aufgaben oder mehr Verantwortung übernehmen möchte,
・       neue Ideen und Lösungsansätze vorschlägt.

Phase 2: Job Crafting begleiten

In der zweiten Phase sucht der Mitarbeiter nach Möglichkeiten, wie er seine Änderungswünsche und Umgestaltungen umsetzen kann. Die Aufgabe der Führungskraft ist jetzt, diese Veränderungsprozesse zu begleiten und zu unterstützen.

Während der Neuausrichtung kann es durchaus sein, dass der Mitarbeiter etwas gestresster ist, für seine Aufgaben länger braucht oder mit anderen Kollegen aneinandergerät. Dennoch sollte die Führungskraft den Mitarbeiter nicht ausbremsen.

Denn dadurch würde sie ihm seine Motivation nehmen, was in der Folge zu einem unzufriedenen und frustrierten Mitarbeiter führen kann. Stattdessen sollte sie ihre Führungsqualitäten einsetzen und dem Mitarbeiter den Freiraum geben, den er für seine Weiterentwicklung braucht.

Phase 3: Job Crafting auswerten

Jede Veränderung oder Umgestaltung führt zu einem Ergebnis. Dieses kann positiv, negativ oder neutral sein. Gleichzeitig entscheidet das Ergebnis darüber, ob und in welchem Umfang der Mitarbeiter weitere Änderungen anstrebt. Hat das Job Crafting nicht dazu geführt, dass der Mitarbeiter für sich bessere Rahmenbedingungen und neue Erfolge verbuchen kann, ist das Ergebnis also negativ, wird er weitere Umstrukturierungen zunächst unterlassen.

Gleiches gilt für den Fall, dass das Job Crafting zu keinen nennenswerten Veränderungen und somit zu einem neutralen Ergebnis geführt hat. Dennoch kann der Mitarbeiter zumindest die positive Bilanz ziehen, dass die Führungskraft sein Engagement unterstützt und nicht krampfhaft an einer Arbeitssituation festhält, die dem Mitarbeiter keine Entfaltungsräume und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet.

Hat das Job Crafting aber ein positives Ergebnis gebracht, wird sich der Mitarbeiter umso motivierter und engagierter an die Arbeit machen. Seine Leistungen werden sich automatisch verbessern und davon profitieren am Ende alle Beteiligten.

 

Fazit:

Job Crafting findet automatisch statt. Denn selbst wenn ein Mitarbeiter übertragene Aufgaben nach Vorgabe erledigt, wird er doch versuchen, den Weg zu finden, der ihm am praktikabelsten erscheint. Die Führungskraft sollte den Mitarbeiter dabei nicht durch strikte Anweisungen ausbremsen, sondern ihm die notwendigen Freiräume geben.

Außerdem sollte sie nicht beobachten und abwarten, bis der Mitarbeiter seine Unzufriedenheit äußert oder seine Leistungen nachlassen, weil er mit der Arbeitssituation unzufrieden ist. Stattdessen sollte sie ihn dabei unterstützen, sich einzubringen und seine Arbeitsinhalte aktiv umzugestalten. Dadurch wird das Job Crafting zu einem Instrument, das die Führungskraft gezielt nutzen kann, um die Zufriedenheit und damit auch die Motivation ihres Teams zu fördern.

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Sabine Nauer - Trainingsentwickler und Beraterin in Personalentwicklung, Michael Patzek - Personalreferent, Maike Müller - Trainingscoach für Führungskräfte, sowie Ferya Gülcan - Redakteurin, Unternehmerin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Anleitungen und Ratgeber zur Motivation von Mitarbeitern, Weiterbildung von Führungskräften und dem Personalwesen.

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