Die 10 wichtigsten Fragen zur Prokura, 1. Teil

Die 10 wichtigsten Fragen zur Prokura, 1. Teil

Die Prokura ist eine besondere Form der Vollmacht. Sie ermächtigt den Prokuristen dazu, unterschiedliche Geschäfte und Rechtshandlungen im alltäglichen Geschäftsbetrieb zu übernehmen. Für ein Unternehmen kann das Erteilen dieser Vertretungsmacht wichtig und vorteilhaft sein.

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Die 10 wichtigsten Fragen zur Prokura, 1. Teil

Denn in der Praxis ist es nahezu unmöglich, dass der Geschäftsführer jede Kleinigkeit selbst entscheidet und jeden Vertrag persönlich zeichnet.

Durch die Prokura kann der Prokurist als Vertreter agieren und dadurch vermeiden, dass es im Betrieb zu unnötigen Unterbrechungen und langen Wartezeiten kommt.

Doch auch ein Geschäftspartner profitiert von der Prokura. Denn weil sie gesetzlich geregelt und im Handelsregister vermerkt ist, schafft sie Rechtssicherheit. Der Geschäftspartner kann sich darauf verlassen, dass der Prokurist das entsprechende Geschäft rechtsgültig durchführen darf.

Wird ein Mitarbeiter zum Prokuristen bestellt, ist das zweifelsohne eine besondere Form der Anerkennung. Denn der Geschäftsführer schenkt ihm das Vertrauen, diese verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. Andererseits gibt es immer wieder Unklarheiten.

In einem zweiteiligen Beitrag beantworten wir deshalb die zehn wichtigsten Fragen zur Prokura:

  1. Was genau bedeutet Prokura?

Der Begriff Prokura bezeichnet zum einen eine Vollmacht. Zum anderen leitet sich die Bezeichnung aus den lateinischen Vokabeln pro und curare ab. Ins Deutsche übersetzt, bedeutet der Begriff soviel wie für etwas Sorge tragen.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Prokura eine sehr umfangreiche, geschäftliche Vertretungsmacht. Sie bestimmt eine Person zum Stellvertreter, um auf diese Weise Sicherheit im und für den Handelsverkehr zu schaffen.

Im Unterschied zur Handlungsvollmacht beschränkt sich die Prokura aber nicht auf das Geschäftsfeld des Bevollmächtigten. Vielmehr ermächtigt sie den Prokuristen grundsätzlich zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, die im Gewerbebetrieb üblich sind.

Gesetzlich geregelt, ist die Prokura in den §§ 48 bis 53 des Handelsgesetzbuches (HGB). Als Ergänzung dazu und um Lücken zu schließen, greifen die Regelungen für Vollmachten gemäß den §§ 164 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

  1. Wer darf Prokura erteilen?

Nur der Inhaber oder der gesetzliche Vertreter eines Handelsgeschäfts kann eine Prokura erteilen. Das ist in § 48 Abs. 1 HGB so festgelegt.

Demnach ist die Prokura-Erteilung in erster Linie folgendem Personenkreis vorbehalten:

  • Handelsgesellschaften; hierzu zählen etwa die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG)

  • Kapitalgesellschaften in Liquidation

  • Genossenschaften kraft Eintragung

  • eingetragene Kaufleute

  • Erbengemeinschaften, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Nachlasspfleger, die Handelsgeschäfte von Erblassern fortführen

Kaufleute und Kleinunternehmer, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, können keine Prokura erteilen. Gleiches gilt für Privatpersonen. Das liegt daran, dass eine Prokura im Handelsregister eingetragen wird. Doch das setzt voraus, dass derjenige, der die Vertretungsmacht erteilt, dort auch eingetragen ist.

Der Prokurist kann selbst ebenfalls keine Prokura erteilen. Eine Vollmacht, die mit der Untervollmacht vergleichbar wäre, gibt es bei der Prokura nämlich nicht.

  1. Wer kann zum Prokuristen bestellt werden?

Prokurist kann jede natürliche und voll geschäftsfähige Person werden. Dabei muss diese Person auch nicht unbedingt ein Mitarbeiter des Unternehmens sein.

Denn ein Angestelltenverhältnis ist keine Voraussetzung. Trotzdem ist es üblich, eine Führungskraft oder einen Mitarbeiter und damit eine Person aus den eigenen Reihen zum Prokuristen zu bestellen.

Der Inhaber eines Handelsgeschäfts kann sich selbst keine Prokura erteilen. Außerdem gilt die Auffassung, dass der gesetzliche Vertreter auch nicht zum Prokuristen bestimmt werden kann.

Wer also zum Beispiel Geschäftsführer einer GmbH, Vorstandsmitglied einer AG oder persönlich haftender Gesellschafter einer OHG ist, kann nicht gleichzeitig auch der Prokurist dieses Unternehmens sein.

  1. Wie wird eine Person zum Prokuristen?

  • 48 Abs. 1 HGB sieht vor, dass die Prokura einer ausdrücklichen Erklärung bedarf. Sie kann also weder stillschweigend erteilt werden noch durch schlüssiges Handeln zustande kommen.

  • Nimmt es das Unternehmen hin, dass eine Führungskraft oder ein Mitarbeiter als Stellvertreter auftritt, kann das zwar die Grundlage für eine Handlungsvollmacht sein. Eine wirksame Prokura lässt sich daraus aber nicht ableiten.

Die Erteilung der Prokura kann der Geschäftsführer gegenüber dem Prokuristen erklären. Genauso kann er die Erklärung aber auch gegenüber dem Geschäftspartner abgeben, bei dem ihn der Prokurist vertritt.

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Die Vorgehensweise stimmt damit also mit dem überein, was bei einer herkömmlichen Vollmacht die Innen- und die Außenvollmacht ist.

Dabei reicht eine mündliche Erklärung aus. Es ist nicht vorgeschrieben, dass die Prokura schriftlich erteilt werden muss. Trotzdem ist es in der Praxis üblich, einen Vertrag aufzusetzen, den beide Seiten unterschreiben.

Außerdem muss die Prokura öffentlich bekannt gemacht werden. Das erfolgt, indem sie ins Handelsregister eingetragen wird. Oft werden zusätzlich dazu auch die wichtigsten Geschäftspartner persönlich informiert.

  1. Welche Formen der Prokura gibt es?

Bei der Prokura werden verschiedene Arten voneinander unterschieden. Und von der Art hängt ab, wie der Prokurist den Geschäftsführer vertreten kann.

Die Form der Prokura entscheidet also weniger darüber, zu welchen Geschäften und Rechtshandlungen der Prokurist befugt ist. Stattdessen geht es um die Art der Stellvertretung.

Einzelprokura

Durch eine Einzelprokura ist der Prokurist zur Einzelvertretung bevollmächtigt. Einzelvertretung bedeutet, dass er eigenständig als Vertreter des Geschäftsführers auftreten und handeln kann.

Echte Gesamtprokura

Eine Gesamtprokura schließt immer zwei oder mehr Personen ein. Die echte Gesamtprokura kennzeichnet sich dadurch, dass sie gemeinschaftlich an mindestens zwei Prokuristen erteilt wird.

Sie können den Geschäftsführer dann nur zusammen vertreten. Hat der Geschäftsführer zum Beispiel Prokurist X und Prokurist Y Gesamtprokura erteilt, können sie Geschäfte nur gemeinsam abschließen. Ein Prokurist alleine kann das nicht.

Haben die beiden Prokuristen aber zusammen einem Geschäftspartner ein Angebot unterbreitet, reicht es aus, wenn der Geschäftspartner das Angebot nur gegenüber einem Prokuristen annimmt.

Die Annahme einer solchen Willenserklärung ist nämlich eine sogenannte passive Vertretung. Und sie ist auch im Alleingang möglich.

Ist Prokurist X irgendwann nicht mehr da, bleibt es für Prokurist Y bei der Gesamtprokura. Sie wandelt sich also nicht automatisch in eine Einzelprokura um. Das wäre nur der Fall, wenn der Geschäftsführer eine entsprechende Erklärung abgibt.

Halbseitige Gesamtprokura

Als halbseitige Gesamtprokura wird bezeichnet, wenn Prokurist X zur Einzelvertretung ermächtigt ist und Prokurist Y eine Gesamtprokura hat.

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Diese Konstellation führt dazu, dass Prokurist X eigenständig handeln kann. Prokurist Y hingegen kann nur zusammen mit Prokurist X tätig werden.

Gemischte Gesamtprokura

Die gemischte Gesamtprokura wird auch unechte Gesamtprokura genannt. Sie kennzeichnet sich dadurch, dass die Vertretungsmacht des Prokuristen an die Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters gebunden ist.

Der Prokurist kann also nicht alleine agieren, sondern nur zusammen mit beispielsweise dem Geschäftsführer.

Filialprokura

Bei der Filialprokura handelt es sich um eine Vertretungsmacht, die auf den Betrieb von einer oder mehreren Geschäftsstellen des Unternehmens begrenzt ist.

Der Prokurist ist also nur zu Handlungen und Geschäften befugt, die mit dem Geschäftsbetrieb bestimmter Niederlassungen zusammenhängen. Voraussetzung ist zwar, dass die Filialen unterschiedliche Namen haben. Doch das kann schon durch kurze Zusätze erfüllt sein.

Das Gegenstück zur Filialprokura ist die Generalprokura. Sie schließt alle Niederlassungen des Unternehmens ein.

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Sabine Nauer - Trainingsentwickler und Beraterin in Personalentwicklung, Michael Patzek - Personalreferent, Maike Müller - Trainingscoach für Führungskräfte, sowie Ferya Gülcan - Redakteurin, Unternehmerin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Anleitungen und Ratgeber zur Motivation von Mitarbeitern, Weiterbildung von Führungskräften und dem Personalwesen.

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