Diese Fragetypen sollten Führungskräfte einsetzen, 2. Teil
Im Arbeitsalltag führt der erste Weg oft zur Führungskraft, wenn ein Problem auftaucht und Mitarbeiter alleine nicht weiterkommen. Zwar kannst du dir als Führungskraft auch nicht immer spontan eine Lösung aus dem Ärmel schütteln. Trotzdem kannst du helfen, indem du die richtigen Fragen stellst und den Mitarbeiter auf diese Weise zur Lösung führst. Denn Fragen eröffnen neue oder andere Blickwinkel. Diese veränderte Perspektive schafft die Basis für weitere Lösungsansätze.
Natürlich kommt es darauf an, Fragen zu stellen, die tatsächlich zu einer Lösung beitragen können. In diesem Zusammenhang werden verschiedene Fragearten voneinander unterschieden.
In einem zweiteiligen Beitrag zeigen wir einige Fragetypen, die du als Führungskraft kennen und einsetzen solltest. Dabei haben wir im 1. Teil mit problem-, ressourcen- und zielorientierten Fragen begonnen.
Hier ist der 2. Teil!:
Inhalt
Skalierende Fragen
Skalierungsfragen kannst du einsetzen, um Erfolge und Misserfolge, Fortschritte und Rückschritte oder auch Gefühle wie Freude, Stolz, Wut oder Frust einzuordnen. Auf diese Weise bekommst du als Führungskraft einen Eindruck davon, wie stark die Empfindungen des Mitarbeiters sind.
Gleichzeitig hilfst du dem Mitarbeiter, die Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und zu bewerten.
Skalierende Fragen können zum Beispiel sein:
Auf einer Skala von 0 bis 10: Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Verlauf des Projekts?
Wie würden Sie auf einer Skala von 0 bis 10 einordnen, wie Sie mit Ihrem Arbeitspensum zurechtkommen?
Welche Schulnote würden Sie für die Stimmung im Team vergeben?
Wenn Sie Ihre Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz mit einer 3 benoten, was müsste sich ändern, um auf eine 2 zu kommen?
Wie wahrscheinlich ist aus Ihrer Sicht, dass sich die Arbeitsbelastung durch das neue EDV-System auf einer 10er-Skala von 6 auf 4 verbessert?
Skalierungsfragen machen Wahrnehmungen, Gefühle und Einschätzungen messbar. Sie ordnen Wahrscheinlichkeiten ein und zeigen Veränderungen auf. Gleichzeitig eignen sich skalierende Fragen, um die nächsten Schritte zu planen.
Wenn du solche Fragen anwendest, solltest du aber darauf achten, die Abstufungen nicht zu groß zu wählen. Denn nur kleinere Schritte, die realistischerweise umsetzbar sind, wirken motivierend.
Dissoziierende Fragen
Dissoziieren meint, Abstand zu gewinnen. Das Ziel ist, die Position eines Außenstehenden einzunehmen und aus der Vogelperspektive auf ein Problem zu schauen. Denn auf diese Weise kannst du neue Denkprozesse anstoßen.
Beispiele für dissoziierende Fragen sind:
Was würden Sie tun, wenn Sie an meiner Stelle wären?
Was würden Sie als Kunde erwarten?
Wie würden Sie vorgehen, wenn Sie komplett frei agieren könnten?
Wie schätzt Herr/Frau AB aus der Fachabteilung XY die Sachlage ein?
Welche Erwartungen hätten Sie als Geschäftspartner an den Vertrag?
Mit dissoziierenden Fragen eröffnest du einen anderen Blickwinkel auf das Problem. Der Mitarbeiter kann sich ein Stück weit lösen und sein Problem loslassen, weil er sich in eine andere Rolle hineinversetzt. Dadurch erkennt er möglicherweise Aspekte oder alternative Ansätze, die ihm vorher nicht bewusst waren.
Ein weiterer Effekt von dissoziierenden Fragen kann darin bestehen, dass sie verborgenes Wissen ans Licht bringen.
Weil der Mitarbeiter aus einer anderen Rolle heraus auf das Problem schaut, fördern die Fragen mitunter Kenntnisse und Ressourcen zutage, die der Mitarbeiter bisher zurückgehalten hat oder die ihm selbst nicht bewusst waren.
Hypothetische Fragen
Sieht der Mitarbeiter keine Lösungsmöglichkeiten, kannst du auf hypothetische Fragen zurückgreifen. Dabei wird angenommen, dass das Problem schon gelöst sei oder erst gar nicht aufgetreten wäre.
Hypothetische Fragen können zum Beispiel lauten:
Angenommen, das Problem wäre vom Tisch:
Wie würde sich die Situation verändern?
Was würden Sie dann machen?
Wie wäre die Stimmung im Team?
Was würden Sie für sich aus den Abläufen mitnehmen?
Angenommen, das Projekt würde reibungslos verlaufen:
Woran würden Sie das festmachen?
Was wäre insgesamt anders?
Wie würde sich das auf die Zusammenarbeit mit Kollegen und Kunden auswirken?
Wie weit wären Sie dann schon vorangekommen?
Mit hypothetischen Fragen bietest du ein Lösungsszenario an, das der Mitarbeiter beschreibt und dadurch gewissermaßen erlebt. Der Mitarbeiter kann sich wünschenswerte Situationen oder Lösungen nicht nur besser vorstellen, sondern verschiedene Schritte, Abläufe und Folgen in Gedanken durchspielen.
Weil sich dadurch auch zeigt, welche Effekte der Mitarbeiter überhaupt durchführen kann oder anstrebt, kannst du gemeinsam mit ihm aus seinen Antworten im nächsten Schritt geeignete Maßnahmen zur Problemlösung ableiten.
Paradoxe Fragen
Paradoxe Fragen sollen provozieren und beim Mitarbeiter eine Gegenreaktion hervorrufen, indem sie ihn überraschen.
Solche Fragen können zum Beispiel sein:
Was müsste noch geschehen, damit Sie feststellen, dass das Produkt nie richtig funktionieren wird?
Was müssten Sie machen, damit das Projekt endgültig scheitert?
Welchen Auslöser bräuchte es, damit das Fass überläuft und die Geschäftsleitung Sie von Ihren Aufgaben entbindet?
Was müsste passieren, damit Sie das Handtuch schmeißen?
Paradoxe Fragen zielen darauf ab, das Problem zu verstärken oder zu überzeichnen, um es so genauer einzukreisen und greifbarer zu machen. Diese Fragetechnik kann vor allem dann hilfreich sein, wenn ein Mitarbeiter in seinem Problem feststeckt.
Denn du setzt einen Impuls, der den Mitarbeiter in seiner festgefahrenen Sichtweise erschüttert. Die Folge ist, dass der Mitarbeiter zu einer Gegenreaktion motiviert wird, die sein Selbstbewusstsein stärkt.
Um diesen Effekt zu erzielen, kann es aber sinnvoll sein, eine paradoxe Frage durch einen Hinweis wie „Mir geht gerade eine Frage durch den Kopf, die für Sie vielleicht verrückt klingt: …“ anzukündigen.
So kannst du sicherstellen, dass sich der Mitarbeiter auf das Gedankenspiel einlässt und sich vor allem nicht persönlich angegriffen fühlt.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Diese Fragetypen sollten Führungskräfte einsetzen, 1. Teil
- Wie sollten Führungskräfte mit „Brilliant Jerks“ umgehen?
- Wann sollten sich Führungskräfte in die Arbeit einmischen?
- Wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften? 2. Teil
- Wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften? 1. Teil
- Wie viel Wahrheit steckt in den Generationen-Klischees?
- Studien zur Arbeitsmotivation – das zählt für Mitarbeiter wirklich, Teil 2
- Studien zur Arbeitsmotivation – das zählt für Mitarbeiter wirklich, Teil 1
Thema: Diese Fragetypen sollten Führungskräfte einsetzen, 2. Teil
Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns
- Diese Fragetypen sollten Führungskräfte einsetzen, 2. Teil - 7. Mai 2025
- Diese Fragetypen sollten Führungskräfte einsetzen, 1. Teil - 4. April 2025
- Wie sollten Führungskräfte mit „Brilliant Jerks“ umgehen? - 4. März 2025