Sind Führungskompetenzen erlernbar? Teil 1
Vielen Aufgaben, Fähigkeiten und Tätigkeiten geht eine lange Vorbereitung voraus. Wer zum Beispiel Autofahren möchte, nimmt Fahrstunden und lernt Theorie, um dann irgendwann nach erfolgreich abgelegter Prüfung seinen Führerschein in den Händen zu halten. Und wer einen Beruf ausüben möchte, geht erst viele Jahre in die Schule und besucht danach eine Uni oder absolviert eine Ausbildung. Dabei ist in beiden Fällen ziemlich klar, was alles erlernt werden muss, um sein Ziel zu erreichen.
Bei einer Führungsposition ist das ein bisschen anders. Zwar arbeiten einige ganz bewusst darauf hin, die Karriereleiter nach oben zu klettern, während andere eher zufällig und unerwartet in eine Führungsrolle hineinrutschen.
Doch welche Eigenschaften und Fähigkeiten jemand entwickeln und ausbauen muss, um eine gute Führungskraft zu sein, ist oft nicht so klar. Einen verbindlichen Lehrplan gibt es jedenfalls nicht.
Sind Führungskompetenzen erlernbar?
Ist es möglich, zu lernen, eine gute Führungskraft zu sein? Oder ist es eher so, dass es der eine im Blut hat, als Chef aufzutreten, und ein anderer eben nicht?
Die Frage, ob das Führen von Mitarbeitern erlernbar ist, lässt sich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Tatsächlich ist es sogar sehr wichtig, dass sich die Führungskraft Führungskompetenzen aneignet und sie stetig erweitert.
Führungskompetenz schließt verschiedene Aufgaben und Fähigkeiten ein. Eine Führungskraft trägt Verantwortung für sich und ihr Team. Außerdem übernimmt sie sowohl Führungsaufgaben als auch Fachaufgaben. Genau hier liegt aber eine große Herausforderung.
So manche Führungskraft, die diese Position erst seit kurzem bekleidet, hält nämlich zu sehr an ihrem Fachbereich fest und verliert dadurch ihre Führungsaufgaben aus dem Blick.
Andere Chefs reiben sich regelrecht auf, weil sie am liebsten alles selbst machen möchten. Führung zu lernen, bedeutet deshalb immer auch, das Delegieren zu lernen und zu verinnerlichen.
Führungskompetenzen zeichnen sich durch einen entsprechenden Blickwinkel aus. Eine Führungskraft muss in der Lage sein, sich regelmäßig einen Überblick zu verschaffen und diesen zu bewahren. Sie gehört zum Unternehmen, ist Teil ihres Teams und steckt in einem System. Gleichzeitig muss sie dieses System überblicken, organisieren und lenken.
Bei der praktischen Umsetzung von Führungskompetenz geht es deshalb um Fragen wie diese:
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Wie kann und sollte ich als Führungskraft meine Mitarbeiter so führen, dass wir die Unternehmensziele gemeinsam erreichen?
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Wie kann ich das Potenzial meines Teams am besten ausschöpfen? Welche Stärken haben die einzelnen Mitarbeiter und wie kann ich diese Stärken einsetzen und fördern?
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Wo gibt es Schwachstellen? Wie kann ich Fehler, die sich regelmäßig wiederholen, in Zukunft vermeiden? Was sollte sich ändern?
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Welche Aufgaben bringen mich und mein Team weiter? Und welche Aufgaben kosten nur Zeit und Geld, haben aber kaum einen Nutzen?
Natürlich braucht eine Führungskraft Fachwissen in ihrem Bereich. Es ist nicht möglich, ein Team zu führen, Aufgaben zu verteilen, Abläufe zu organisieren und Mitarbeiter zu fördern, wenn gar kein fachliches Wissen vorhanden ist.
Doch bei einer Führungskraft zählen auch die sogenannten Soft Skills. Außerdem sollte sie bereit sein, an sich selbst zu arbeiten und sich als Chef weiterzuentwickeln.
Was ist wichtig, um Führung zu lernen?
Ein Patentrezept, wie sich eine Führungskraft in ihrer Rolle zurechtfindet und ihre beruflichen Ziele verwirklichen kann, gibt es nicht. Doch um Führungskompetenzen zu entwickeln und auszubauen, sollte die Führungskraft vier Punkte im Blick haben:
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Reflektieren: Eine sehr wichtige Eigenschaft einer Führungskraft ist, dass sie sich mit Abläufen und Inhalten auseinandersetzen kann. Sie sollte in der Lage sein, zu beobachten, Veränderungen wahrzunehmen und Verhaltensweisen richtig einzuschätzen. Reflexion ist außerdem eine wichtige Grundlage, um die Perspektive zu wechseln und sich in das Team hineinzudenken.
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Delegieren: Vielen fällt es schwer, Aufgaben abzugeben und Verantwortung zu übertragen. Aber auch die Energie und die Zeit einer Führungskraft sind nicht grenzenlos. Die Führungskraft muss deshalb lernen, sich auf ihre Führungsrolle zu konzentrieren. Und dazu gehört, Fachaufgaben weiterzugeben. Zumal die Führungskraft auf diese Weise nicht nur sich selbst entlastet, sondern auch das Potenzial ihres Teams nutzt und die Stärken ihrer Mitarbeiter fördert.
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Feedback: Eine Führungskraft ist nur so gut wie ihr Team. Wichtig ist deshalb eine offene, faire und respektvolle Kommunikation. Es gehört zu den Aufgaben der Führungskraft, ihren Mitarbeitern zu verdeutlichen, was zu tun ist. Ein Mitarbeiter kann keine Erwartungen erfüllen, wenn er diese nicht kennt. Die Ergebnisse sind immer eine Teamleistung. Aus diesem Grund sollte die Führungskraft regelmäßig Feedback geben, Anerkennung aussprechen und Lob teilen. Andersherum sollte sie sich aber auch Feedback einholen. Dadurch erfährt sie, wo sie steht und was sie verbessern kann.
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Auszeiten: Leistungsfähigkeit, Kreativität, aber auch der Schutz vor einer gewissen Betriebsblindheit erfordern Abstand. Auch wenn die Führungskraft noch so engagiert und der Berg an Aufgaben riesig ist, braucht es einen Ausgleich zum Job. Die Führungskraft muss lernen, abzuschalten und den Kopf freizubekommen. Andernfalls reibt sie sich auf. Und wenn die Führungskraft ihrem Team vertraut, wird sie feststellen, dass der Laden läuft, selbst wenn der Chef einmal frei hat.
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Thema: Sind Führungskompetenzen erlernbar? Teil 1
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