Wie sollten Führungskräfte mit „Brilliant Jerks“ umgehen?
Was tun, wenn Mitarbeiter:innen fachlich absolut überzeugen, im Miteinander aber ein fragwürdiges Verhalten an den Tag legen? Wie sollten Führungskräfte mit solchen „Brilliant Jerks“ umgehen? Wir erklären, wie Führungskräfte verhindern, dass sozial inkompetente Kolleg:innen eine schlechte Stimmung im Team verursachen.
Inhalt
Was sind „Brilliant Jerks“?
In einem Team kann es Mitarbeiter:innen geben, die fachlich erstklassig sind, im Umgang mit Kolleg:innen und Vorgesetzten die sozialen Regeln aber ständig missachten. Im Englischen wird so eine Person als „brilliant jerk“ bezeichnet, was sinngemäß so viel bedeutet wie „brillanter Idiot“.
Brillante Idioten können in allen Unternehmensbereichen und auf sämtlichen Hierarchiestufen vorkommen.
Auf ihrem Fachgebiet haben sie in aller Regel ein sehr umfangreiches, wichtiges und seltenes Wissen oder verfügen über besondere Kompetenzen. In dieser Hinsicht können sie einen großen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.
Auf der anderen Seite neigen brillante Idioten oft dazu, sich selbst zu überhöhen und für etwas Besseres zu halten. Sie haben ein sehr starkes Ego, das andere bewundern und zugleich fürchten.
In vielen Fällen haben sie nicht nur ausgeprägte Schwächen im sozialen Miteinander, sondern wissen auch, zu manipulieren. Sie verstehen es, Kolleg:innen herabzusetzen und dafür die eigene Leistung im besten Licht zu inszenieren. Darunter leidet das Arbeitsklima.
Warum greifen viele Führungskräfte bei Brilliant Jerks nicht ein?
Brilliant Jerks haben selten Probleme damit, ihre Vorgesetzten für sich einzunehmen. Fachlich sind sie schließlich sehr gut. Mitarbeiter:innen, die sich über das Verhalten der sozial inkompetenten Kollegen beschweren, werden deshalb oft nicht ernst genommen.
Um angemessen auf die Kritik zu reagieren, müsste die Führungskraft ihr Bild vom betroffenen Teammitglied hinterfragen. Gleichzeitig müsste sie sich eingestehen, dass sie mit ihrer Einschätzung danebenlag oder ihr Team zu eindimensional betrachtet.
Nur sehen viele Führungskräfte gar keinen Grund, überhaupt einzugreifen. Denn ihre Erwartungen an die fachlichen Leistungen werden ja mehr als erfüllt.
Schaut die Führungskraft nur zu, fühlen sich die anderen Teammitglieder den Brilliant Jerks aber ausgeliefert. Einige Mitarbeiter:innen nehmen sich zurück und gehen gefrustet zu einem reinen Dienst nach Vorschrift über.
Probleme werden nicht mehr offen angesprochen, weil niemand derjenige sein will, der sich ständig beschwert oder womöglich selbst die Kritik auf sich zieht.
Die Betriebsatmosphäre wird so immer schlechter. Gleichzeitig gerät das Team in eine Sackgasse.
Denn die Teammitglieder trauen sich nicht mehr, Bedenken gegen die Vorschläge eines brillanten Idioten zu äußern, während er das Vertrauen der Führungskraft und der Geschäftsleitung genießt.
Was macht den Umgang mit „Brilliant Jerks“ so schwierig?
Führungskräfte sind oft der Meinung, dass Brilliant Jerks nicht nur besonders fleißig, sondern auch loyal sind. Doch das ist ein Irrtum. Den Jerks geht es in erster Linie darum, die Wertschätzung zu erhalten, die ihnen und ihrer Arbeit dem eigenen Empfinden nach zusteht.
Tatsächlich wird ihnen genau diese Wertschätzung auch zuteil, eben weil sie in bestimmten Fachbereichen überragend sind. Verstärkt wird dieser Effekt noch, wenn die Leistungen der Jerks als systemrelevant eingestuft werden.
Für Führungskräfte ergibt sich daraus im Umgang mit fachlich brillanten, aber sozial inkompetenten Mitarbeiter:innen ein echtes Dilemma. Denn einerseits müssen die Brilliant Jerks bei Laune gehalten werden. Schließlich ist ihre Fachkompetenz wertvoll und wichtig.
Doch andererseits kann ein Unternehmen nur dann erfolgreich sein, wenn sich jeder einbringt und die Teams über Funktionen und Bereiche hinweg zusammenarbeiten. Eine gute Leistung ist immer das Ergebnis von Teamwork.
Damit sie funktioniert, müssen auch die Verhaltensregeln eingehalten werden. Ein respektvoller und fairer Umgang gehört mit dazu.
Wie also nun mit „Brilliant Jerks“ umgehen?
Vor allem in kleinen und mittelgroßen Unternehmen fällt es Führungskräften oft schwer, sich von einem sozial inkompetenten Mitarbeiter zu trennen. Denn in aller Regel verfügt er über wertvolles Spezialwissen oder ist Experte in einem Bereich, in dem er nicht ohne Weiteres ersetzt werden kann.
Diese Zwickmühle hat zur Folge, dass die Führungskraft kaum eine andere Wahl hat, als den Brilliant Jerk in seiner Arbeit zu bestätigen und ihm die geforderten Freiheiten einzuräumen.
Um zu verhindern, dass sein Verhalten das Arbeitsklima vergiftet und zum Problem für andere Teammitglieder wird, kann ein Ansatz sein, einen unsozialen Mitarbeitenden so weit wie möglich zu separieren.
Das ist zum Beispiel dadurch möglich, dass ihm die Führungskraft Aufgaben überträgt, bei denen wenig Kooperation notwendig ist.
Wichtig ist aber, darauf zu achten, dass der Mitarbeitende auf diese Weise nicht noch mehr erfolgsrelevantes Spezialwissen anhäuft, das ihn nur noch unverzichtbarer macht.
Außerdem sollte die Führungskraft die Leistungen des brillanten Jerks auf keinen Fall mit einer Beförderung in eine Führungsposition belohnen. Auch dann nicht, wenn der oder die Mitarbeitende mit der Kündigung droht.
Um das Ego des Jerks zu befriedigen, sollte die Führungskraft andere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Das kann zum Beispiel eine Gehaltserhöhung, ein größeres Büro oder die Ernennung zum Berater für sein Spezialgebiet sein.
Das langfristige Ziel sollte sein, die Abhängigkeit vom Brilliant Jerk abzubauen. Das kann gelingen, indem andere Teammitglieder durch Schulungen und Weiterbildungen Kompetenzen auf dem betroffenen Spezialgebiet erwerben. Denkbar ist auch, alternative Lösungswege für die Aufgaben in diesem Bereich zu finden.
Aber was ist, wenn die Arbeitsatmosphäre schon so toxisch ist, dass es unumgänglich ist, sich von dem oder der unsozialen Mitarbeitenden zu trennen?
Dauert es noch eine Weile, bis jemand aus dem Team die Aufgaben übernehmen kann, sollte das Unternehmen in Erwägung ziehen, die Wissens- oder Kompetenzlücke vorübergehend durch einen externen Dienstleister zu schließen.
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