Wie viel Wahrheit steckt in den Generationen-Klischees?

Wie viel Wahrheit steckt in den Generationen-Klischees?

„Während die Babyboomer rund um die Uhr arbeiten und kein Privatleben kennen, möchte die eher arbeitsscheue Generation Z am liebsten die ganze Zeit chillen.“ Solche Vorurteile dürfte jeder von uns schon gehört haben. Doch wie viel Wahrheit steckt in den Generationen-Klischees? Hängen die Lebenseinstellung, die Arbeitshaltung und die Motivation wirklich davon ab, wann jemand zur Welt gekommen ist?

Wie viel Wahrheit steckt in den Generationen-Klischees

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Ein deutscher Forscher ist solchen Fragen nachgegangen und ist dabei zu erstaunlichen Erkenntnissen gelangt.

Generationen-Konflikte sind nichts Neues

Konflikte zwischen den Generationen dürfte es vermutlich schon so lange geben, wie es Menschen gibt. Dabei schreiben die Älteren den Jüngeren oft verschiedenste negative Eigenschaften zu, aber auch andersherum gibt es zahlreiche Kritikpunkte.

Ein typisches Klischee ist, dass zum Beispiel die in den 1950er- und 1960er-Jahren geborenen Babyboomer individualistische Workaholics sind.

Ihr Streben nach Wohlstand soll einen großen Beitrag zu der Umweltverschmutzung und Klimaproblematik geleistet haben, mit denen wir uns heute konfrontiert sehen.

Im Unterschied dazu wird den nachfolgenden Generationen – und hier vor allem den ab den 1980er-Jahren geborenen Millennials und der ab der Jahrtausendwende geborenen Generation Z – nachgesagt, sie würden die Arbeitsleistung weit weniger in den Vordergrund stellen.

Das individuelle Wohlergehen, die Selbstverwirklichung und persönliche Freiheiten wären ihnen deutlich wichtiger. Dazu gehören dann auch Forderungen wie eine gute Work-Life-Balance, eine Vier-Tage-Woche und das Arbeiten im Home-Office.

Aus diesem Grund stempeln ältere Leute vor allem die Generation Z oft als egoistisch, naiv und faul ab. Aus Sicht der Babyboomer sollte das Ziel schließlich sein, möglichst schnell Karriere zu machen und viel Geld zu verdienen.

Wenn dafür Überstunden, Nachtschichten und Wochenenddienste notwendig sind, dann ist das eben so.

Im Gegenzug müssen sich Babyboomer den Vorwurf gefallen lassen, sie hätten die Arbeit über alles andere im Leben gestellt und dadurch nicht selten einen privaten, familiären und gesellschaftlichen Scherbenhaufen hinterlassen.

Generationen-Klischees?

Spontan würden viele von uns diesen typischen Klischees vermutlich zustimmen. Zumal wir gefühlt in der Zusammenarbeit mit jüngeren und älteren Kolleg:innen oder Führungskräften ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Doch stimmen die Vorurteile wirklich? Um diese Frage zu beantworten, hat der Soziologe Martin Schröder von der Universität des Saarlandes fast 600.000 Datensätze aus aller Welt ausgewertet.

In diesen Datensätzen haben Menschen aus verschiedenen Altersgruppen in den Jahren zwischen 1981 und 2022 ihre Arbeitseinstellung beschrieben.

Das Ergebnis dieser Analyse überraschte sogar den Soziologen:

Denn er fand keinerlei Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen der Arbeitsmoral, der Einstellung zum Beruf und dem Geburtsjahr gibt.

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Dass die Babyboomer mit Mitte 50 am Rand eines Burnouts stehen, während die Generation Z durch die Welt reist und beruflich eher nebenbei irgendwas mit Medien im Internet macht, ist also wirklich nur ein Klischee.

Wie viel Wahrheit steckt in den Generationen-Klischees (1)

Maßgeblich ist das Alter

Trotzdem steht es außer Frage, dass sich die Generationen und ihre Haltung zum Berufsleben in gewisser Hinsicht voneinander unterscheiden. Die Unterschiede haben aber weniger mit dem Geburtsjahr zu tun, sondern begründen sich in anderen Faktoren.

So hat der Soziologe herausgefunden, dass für die Arbeitsmoral vor allem das Alter zählt, in dem jemand zu seinen Ansichten befragt wird.

Die Auswertung der Datensätze ergab zum Beispiel, dass Menschen im Lebensalter zwischen 40 und 50 Jahren die Arbeit am wichtigsten ist. Im Unterschied dazu messen jüngere und ältere Personen dem Job tendenziell eine geringere Bedeutung bei. Dabei spielt es keine Rolle, ob die jeweilige Person in den 1980er-Jahren oder Anfang der 2020er danach gefragt wurde.

Das heißt in anderen Worten, dass auch die heutigen Babyboomer etwas unmotivierter ins Berufsleben gestartet sind als ihre älteren Kolleg:innen. Erst im Laufe der Zeit hat sich die Arbeitseinstellung verändert.

Ein Vergleich zwischen der jungen Generation Z und den mittelalten Babyboomern ist demnach kein Vergleich unterschiedlicher Generationen, sondern vielmehr ein Vergleich der Besonderheiten, die die verschiedenen Lebensabschnitte ausmachen.

Die Zeiten ändern sich

Aber nicht nur das Alter als solches wirkt sich auf die Arbeitsmotivation aus, sondern auch die Zeit, in der jemand lebt. Heute leben und denken wir anders als früher. Das gilt für einen 20-Jährigen genauso wie für einen 60-Jährigen.

Der Soziologe hat in seiner Untersuchung festgestellt, dass die Bedeutung der Arbeit im Zeitverlauf insgesamt abgenommen hat. Heute hat die berufliche Karriere keinen ganz so hohen Stellenwert mehr wie in der Gesellschaft vor 50 Jahren.

Wir definieren uns nicht mehr so sehr darüber, was wir beruflich erreicht haben, sondern setzen andere Schwerpunkte. An der Aussage, dass wir nicht leben, um zu arbeiten, sondern arbeiten, um zu leben, ist demnach durchaus etwas dran.

Das gilt unabhängig davon, ob jemand aktuell 25 oder 65 Jahre alt ist.

Im Denken der jüngeren Generationen, bei denen die Arbeitsmotivation tendenziell sowieso etwas geringer ausgeprägt ist, kommt dieses Umdenken höchstens etwas stärker zum Ausdruck.

Evolution der Arbeitsmotivation

Aber warum pochen wir so sehr auf die Generationen-Klischees, wenn das Geburtsjahr und das Alter gar nicht die ausschlaggebenden Faktoren für unsere Arbeitsmoral sind?

Der Soziologe begründet das damit, dass unser Gehirn Menschen gerne in Gruppen einteilt. Denn dadurch können wir uns leichter das angenehme Gefühl verschaffen, dass die eigene soziale Gruppe besser ist als andere. Im Ergebnis kommen dann leicht spöttische Aussagen wie „Oh, immer diese Babyboomer“ oder „Typisch Generation Z“ zustande.

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Sabine Nauer - Trainingsentwickler und Beraterin in Personalentwicklung, Michael Patzek - Personalreferent, Maike Müller - Trainingscoach für Führungskräfte, sowie Ferya Gülcan - Redakteurin, Unternehmerin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Anleitungen und Ratgeber zur Motivation von Mitarbeitern, Weiterbildung von Führungskräften und dem Personalwesen.

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