Wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften? 2. Teil

Wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften? 2. Teil

Anweisungen zu geben, Aufgaben zuzuteilen und Dinge anzuordnen, ist ein fester Bestandteil der Mitarbeiterführung. Aber wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften? Was dürfen sie wann und in welcher Form anordnen? In einem zweiteiligen Beitrag beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um das Weisungsrecht. Dabei haben wir im 1. Teil Grundsätzliches zum Weisungsrecht erklärt und aufgezeigt, wer weisungsbefugt ist, wodurch das Weisungsrecht begrenzt wird und was billiges Ermessen bedeutet.

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Wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften 2. Teil

Hier ist der 2. Teil!:

Wie weit können die Bestimmungen des Arbeitgebers bei den Arbeitsinhalten gehen?

Welche Inhalte die Tätigkeit eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin hat, leitet sich aus dem Arbeitsvertrag ab. Dabei gilt, dass der oder die Vorgesetzte umso weniger Spielraum bei der Ausübung des Weisungsrechts hat, je genauer der Vertrag den Aufgabenbereich beschreibt.

Denn wenn die Tätigkeit vertraglich präzise benannt ist, kann der Arbeitgeber sein Weisungsrecht in diesem Zusammenhang nur dahingehend ausüben, dass er das Tätigkeitsfeld konkretisiert.

Anders sieht es aus, wenn der Arbeitsvertrag lediglich eine Berufsbezeichnung wie zum Beispiel Monteur oder Bürokauffrau verwendet, um die Arbeitsinhalte zu umschreiben.

In diesem Fall kann die Führungskraft dem oder der Mitarbeitenden im Rahmen des Weisungsrechts alle Aufgaben zuweisen, die Bestandteil des jeweiligen Berufsbildes sind.

Das Weisungsrecht und der Arbeitsort

Im Zusammenhang mit dem Arbeitsort spielt das Weisungsrecht vor allem dann eine Rolle, wenn es um Versetzungen an einen anderen Standort oder in eine andere Filiale geht.

Bevor ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin an einen anderen Ort versetzt werden kann, muss die Führungskraft prüfen, welche Regelungen der Arbeitsvertrag zum Arbeitsort enthält.

Dabei sind drei Konstellationen denkbar:

  • Vertraglich festgelegter Arbeitsort: Der Arbeitsvertrag kann einen bestimmten Ort als Arbeitsort definieren. Ist gleichzeitig keine Klausel vorhanden, die die Möglichkeit einer Versetzung vorsieht, kann der oder die Mitarbeitende darauf bestehen, nur am vertraglich festgelegten Ort zu arbeiten. Eine Versetzung im Rahmen des Weisungsrechts ist dann ausgeschlossen. Ist der oder die Mitarbeitende mit einer Versetzung nicht einverstanden, kann der Arbeitgeber diese ausschließlich über eine Änderungskündigung durchsetzen.
  • Vertraglich festgelegter Arbeitsort mit Versetzungsvorbehalt: Obwohl der Arbeitsvertrag einen bestimmten Ort als Arbeitsort festlegt, kann er eine Klausel enthalten, durch die sich der Arbeitgeber ausdrücklich vorbehält, den oder die Mitarbeitende zu versetzen. In diesem Fall kann eine Versetzung kraft Weisungsrecht grundsätzlich erfolgen. Voraussetzung ist aber, dass die Versetzung nach billigem Ermessen erfolgt.
  • Vertraglich nicht festgelegter Arbeitsort: Bestimmt der Arbeitsvertrag keinen konkreten Ort als Arbeitsort, kann der Arbeitgeber sein Weisungsrecht ausüben, um den oder die Mitarbeitende an einen anderen Arbeitsort zu versetzen. Auch hier setzt die Entscheidung aber billiges Ermessen voraus.

Auch wenn der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nutzen kann, um einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zu versetzen, muss er immer eine Interessenabwägung vornehmen.

Dabei muss er insbesondere berücksichtigen, ob die Versetzung verhältnismäßig ist und dem oder der Mitarbeitenden zugemutet werden kann.

An dieser Stelle spielen Faktoren wie die tägliche Fahrzeit und die persönlichen Lebensumstände, also zum Beispiel das Alter oder die familiären Verhältnisse, des oder der Mitarbeitenden eine Rolle.

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Das Weisungsrecht und Überstunden

In aller Regel ist im Arbeitsvertrag festgelegt, wie viele Arbeitsstunden der oder die Mitarbeitende zu leisten hat.

Wann genau der oder die Mitarbeitende eingesetzt wird, kann der Arbeitgeber im Rahmen des Weisungsrechts vorgeben, sofern die Arbeitszeiten nicht ebenfalls schon im Arbeitsvertrag konkret vereinbart sind.

Um Überstunden anzuordnen, reicht das Weisungsrecht aber grundsätzlich nicht aus.

Möchte sich der Arbeitgeber die Möglichkeit vorbehalten, seine Mitarbeiter:innen bei Bedarf zu Mehrarbeit zu verpflichten, muss es eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag geben.

Vorgaben zu Ordnung und Verhalten im Betrieb

Das Weisungsrecht schließt Anweisungen zur Ordnung und zum Verhalten im Betrieb ein. Folglich kann der Arbeitgeber zum Beispiel durchsetzen, dass die Mitarbeiter:innen einen gewissen Dresscode einhalten oder auf dem Betriebsgelände nicht rauchen dürfen.

Trotzdem gilt auch bei solchen Vorgaben, dass der Arbeitgeber nach billigem Ermessen entscheiden und betriebliche Interessen gegen die Interessen der Arbeitnehmer:innen abwägen muss.

Wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften 2. Teil (1)

Wie können und sollten Führungskräfte ihr Weisungsrecht in der Praxis ausüben?

Um vom Weisungsrecht Gebrauch zu machen und sicherzustellen, dass die erteilten Anweisungen rechtmäßig und für die Mitarbeitenden verbindlich sind, müssen grundsätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Die Person, die die Anweisung gibt, ist weisungsbefugt.

Die erteilte Anweisung steht nicht im Widerspruch zu gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen. Denn gesetzliche Bestimmungen und Regelungen im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung haben Vorrang.

Die Anweisung entspricht billigem Ermessen. Sie ist weder willkürlich noch unverhältnismäßig und dem oder der Mitarbeitenden zumutbar.

Die Anweisung bezieht sich auf den Tätigkeitsinhalt, den Arbeitsort, die Arbeitszeit oder die Ordnung oder das Verhalten im Betrieb. Dabei muss eine Anordnung aber durch entsprechende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag gedeckt sein. Der Arbeitsvertrag muss sich also zum Beispiel Weisungen zu einer Versetzung oder Überstunden zumindest vorbehalten.

Im Arbeitsalltag wird eine Führungskraft ihre Anweisungen oft als Bitte formulieren, etwa „Mach bitte das und das“ oder „Kannst du bitte … ?“.

Nur wenn die Interessen der Führungskraft den Interessen des oder der Mitarbeitenden entgegenstehen, kann ein formaler Ton notwendig werden, durch den die Führungskraft klarstellt, dass sie eine Anweisung kraft Weisungsrecht erteilt, der Folge zu leisten ist.

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Sabine Nauer - Trainingsentwickler und Beraterin in Personalentwicklung, Michael Patzek - Personalreferent, Maike Müller - Trainingscoach für Führungskräfte, sowie Ferya Gülcan - Redakteurin, Unternehmerin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Anleitungen und Ratgeber zur Motivation von Mitarbeitern, Weiterbildung von Führungskräften und dem Personalwesen.

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