Wieso der 9-to-5-Job zum Auslaufmodell wird
Vermutlich hat jeder fest angestellte Arbeitnehmer schon einmal die Erfahrung gemacht, wie schwierig es sein kann, einen Arzttermin zu vereinbaren oder behördliche Angelegenheiten zu erledigen, wenn sich die Öffnungszeiten der Arztpraxis oder des Amtes mit den eigenen Arbeitszeiten decken. Mitunter bleibt dann keine andere Wahl, als einen Tag Urlaub zu nehmen und alle anstehenden Termine auf diesen Tag zu legen.
Dabei hätten die Termine auch an Arbeitstagen untergebracht werden können, wenn die Arbeitszeiten flexibler wären.
Bedingt durch die Corona-Pandemie mussten viele Arbeitnehmer aufs Home-Office ausweichen. Das hat der Entwicklung, starre Arbeitsmodelle mit Anwesenheitspflicht zugunsten der Work-Life-Balance aufzuweichen, zusätzlichen Aufschwung gegeben.
Doch auch schon vorher zeichnete sich ab, dass der klassische 9-to-5-Job auf dem modernen Arbeitsmarkt zunehmend zum Auslaufmodell wird.
Warum das so ist und wie die Alternativen aussehen können, schauen wir uns in diesem Beitrag an:
Inhalt
- 1 Der Ursprung des 9-to-5-Jobs
- 2 FAQ: Zukunft der Arbeitszeit – Flexibilität und Wandel
Der Ursprung des 9-to-5-Jobs
Punkt 17 Uhr ist Feierabend. Dann fällt der Hammer, ich nehme meine Sachen und gehe nach Hause. Was nach 17 Uhr im Geschäft passiert, ist mir egal. Was bis 17 Uhr nicht fertig ist, muss eben bis zum nächsten Tag warten. – Etwas überspitzt, könnte es so in etwa bei einem 9-to-5-Job heißen.
Der Begriff hat seine Wurzeln in den USA und greift die klassische Regelarbeitszeit auf. Viele Angestellte in den USA beginnen ihren Arbeitstag nämlich um 9 Uhr und beenden ihn um 17 Uhr. Diese typische Arbeitszeit ist das Ergebnis einer Forderung, die die Arbeiterbewegung im 19. und 20. Jahrhundert auf den Weg brachte.
Demnach sollte sich ein Tag in drei 8-Stunden-Einheiten gliedern. Die Einheiten wiederum bestanden in Arbeit, Freizeit und Schlaf.
Kein produktives Arbeiten während der vollen acht Stunden
Damit das Konzept aus 8-Stunden-Einheiten aufgeht, müsste während des 9-to-5-Jobs auch tatsächlich durchgehend acht Stunden lang konzentriert gearbeitet werden. In der Praxis ist das aber nicht möglich. Stattdessen legen die meisten Arbeitnehmer während der Arbeitszeit immer wieder kurze Pausen ein und widmen sich anderen Dingen.
Eine Studie aus Großbritannien stellte fest, dass Büromitarbeiter im Durchschnitt nur knapp drei Stunden pro Arbeitstag wirklich produktiv arbeiten. Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Mitarbeiter die Arbeit recht locker angehen oder gar faul sind. Der Grund liegt vielmehr in der Konzentrationsfähigkeit des Menschen.
Je anspruchsvoller eine Aufgabe ist und je mehr Arbeitsleistung eine Tätigkeit erfordert, desto kürzer ist die Spanne, in der sich ein Mitarbeiter mit voller Aufmerksamkeit darauf fokussieren kann. Ist die Konzentration ausgeschöpft, ist eine Erholungsphase notwendig.
Doch weil ein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz nicht dauernd verlassen kann, um sich zu erholen, verbringt er die Zeit mit anderen Beschäftigungen wie Plaudereien mit den Kollegen, Kaffee- und Zigarettenpausen, Zeitung lesen oder private E-Mails checken.
Nicht Zeit-, sondern ergebnisorientierte Arbeit
Statt sich nur nach der Zeit zu richten, ist der bessere Ansatz, die Ergebnisse ins Visier zu nehmen. Erstellt der Mitarbeiter eine To-do-Liste, kann er die erledigten Punkte nach und nach abhaken. Das Gefühl, dass die Liste immer kürzer wird und damit gleichzeitig auch der Feierabend immer näher rückt, motiviert.
Statt ständig auf die Uhr zu schauen, hat es der Mitarbeiter selbst in der Hand, wann er seinen Arbeitstag beenden kann. So kann die Arbeitszeit durchaus mal kürzer und mal länger andauern.
Doch am Ende sind alle Aufgaben, die für diesen Arbeitstag eingeplant waren, erledigt. Unterm Strich ist das effizienter als acht Stunden abzusitzen und zu schauen, was danach fertig ist.
Flexibilität als Basis für weitere Kompetenzen
Jeden Tag wiederkehrende Abläufe im gleichen Zeitfenster: Routine ist bequem, schafft Ordnung und sorgt für sichere Strukturen.
Aber Routine bremst auch die Kreativität aus. Andersherum erfordern Flexibilität und Strukturen, die sich ändern, neue Ideen, frische Impulse und kreative Lösungen. Genau diese Kompetenz wünschen sich viele Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern.
Hinzu kommt, dass mehr Freiräume bei den Arbeitszeiten ein höheres Maß an Eigeninitiative und Engagement notwendig machen. Der Mitarbeiter hat mehr Verantwortung, organisiert seinen Arbeitstag selbst und erledigt seine Aufgaben eigenständig. Davon können alle Beteiligten profitieren. Denn die Führungskraft ist entlastet und der Mitarbeiter motivierter.
Tatsächlich wünschen sich viele Beschäftigte mehr Flexibilität. Im Rahmen einer Studie unter Mitarbeitern und Führungskräften in Büros weltweit gab fast die Hälfte der Befragten an, im Home-Office arbeiten zu wollen.
Knapp 70 Prozent sprachen sich für Arbeitsverträge aus, die sich nicht an Arbeitsstunden, sondern an Ergebnissen orientieren.
Alternativen zum 9-to-5-Job
Auf der einen Seite stehen veränderte Lebensumstände und individuelle Bedürfnisse. Auf der anderen Seite eröffnet die fortschreitende Digitalisierung neue Möglichkeiten. Beides zusammen führt dazu, dass der klassische 9-to-5-Job zunehmend Konkurrenz bekommt.
Dabei gibt es verschiedene Arbeitszeitmodelle.
Home-Office
Bedingt durch die Corona-Pandemie ist das Angebot, von daheim aus zu arbeiten, im Jahr 2020 deutlich gestiegen. Eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung ergab, dass vor der Krise gerade einmal vier Prozent der Befragten ihre Arbeit ganz oder teilweise im Home-Office erledigten. Während der Krise kletterte der Wert auf rund 33 Prozent.
Die Arbeit jenseits der Anwesenheitspflicht im Büro ist nicht nur ortsungebunden, sondern ermöglicht oft auch, die Arbeitszeit freier einzuteilen. Dadurch wird es leichter, den Job und das Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Zwar sahen die Befragten durchaus auch Nachteile.
Trotzdem möchte knapp die Hälfte der Befragten das Home-Office im gleichen Umfang beibehalten wie während der Krise, weitere 39 Prozent möchten weniger Home-Office machen.
Teilzeit
Flexiblere Arbeitszeiten kann auch Teilzeit ermöglichen. Dabei gibt es verschiedene Varianten. So kann der Mitarbeiter seine tägliche Arbeitszeit reduzieren. Oder er geht an weniger Tagen arbeiten, indem er die Stunden bündelt.
In einigen Branchen ist außerdem möglich, die Mitarbeiter in saisonalen Stoßzeiten in Vollzeit zu beschäftigen und in Phasen mit weniger Arbeit nur stundenweise einzusetzen oder komplett freizustellen.
Job Sharing
Was bei Autos funktioniert, kann auf dem Arbeitsmarkt ebenfalls angewendet werden. Beim Job Sharing teilen sich zwei oder mehr Mitarbeiter eine Vollzeitstelle. Dabei wird zwischen zwei Modellen unterschieden.
Beim sogenannten Job Splitting ist die Stelle tatsächlich klar getrennt und die Mitarbeiter arbeiten unabhängig voneinander in ähnlichen Bereichen. Im Unterschied dazu füllen die Mitarbeiter beim Job Pairing die Stelle gemeinsam aus.
Sie arbeiten zusammen, stimmen sich bei Entscheidungen ab und tragen bei Aufträgen oder Projekten die gleiche Verantwortung.
Vertrauensarbeit
Das Modell der Vertrauensarbeit greift den Ansatz der ergebnisorientierten Arbeit auf. Dazu vereinbaren der Mitarbeiter und die Führungskraft bestimmte Ziele, die bis zu einem festgelegten Zeitpunkt erreicht sein müssen.
Wie sich der Mitarbeiter die Arbeitszeit bis dahin einteilt, bleibt ihm selbst überlassen.
Kein komplettes Aussterben des 9-to-5-Jobs
In der modernen Arbeitswelt bekommen Arbeitszeitmodelle, die mehr Flexibilität bieten und besser auf die Bedürfnisse von Arbeitnehmern eingehen, mehr Gewicht. Doch selbst wenn der klassische 9-to-5-Job an Bedeutung verliert, wird er vermutlich nie ganz von der Bildfläche verschwinden.
Denn es gibt eben Berufe, die sich weder ins Home-Office verlagern lassen noch ermöglichen, die Arbeitszeit eigenständig festzulegen. Hier ist es dann Aufgabe der Führungskraft, einen Arbeitsrhythmus zu entwickeln, der die Mitarbeiter motiviert.
FAQ: Zukunft der Arbeitszeit – Flexibilität und Wandel
Welche konkreten Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie auf die Akzeptanz flexibler Arbeitszeitmodelle?
Die Corona-Pandemie hatte einen deutlichen Einfluss auf die Akzeptanz von flexiblen Arbeitszeiten und der Arbeit von zu Hause aus. Das Bedürfnis nach sozialer Distanzierung und Absperrmaßnahmen zwang viele Unternehmen, ihre Mitarbeiter ins Home-Office zu verlegen.
Dies führte zu einer Zunahme, flexible Arbeitsmodelle zu akzeptieren und umzusetzen.
Eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass vor der Krise nur 4 Prozent der Beschäftigten zu Hause arbeiteten, während der Krise stieg dieser Anteil auf rund 33 Prozent.
Welche Branchen oder Berufe könnten trotz des Trends zu flexibleren Arbeitszeitmodellen am klassischen 9-to-5-Job festhalten?
Es gibt Berufe und Branchen, die trotz des allgemeinen Trends zu flexibleren Arbeitszeitmodellen an der klassischen 9-to-5-Job-Struktur festhalten könnten.
Dies könnte für Tätigkeiten gelten, bei denen körperliche Präsenz erforderlich ist, wie beispielsweise im verarbeitenden Gewerbe, im Gesundheitswesen oder im Einzelhandel.
Auch Berufe, die stark von Teamarbeit und Koordination abhängen, könnten weiterhin traditionelle Arbeitszeiten haben.
Gibt es bereits Beispiele von Unternehmen, die alternative Arbeitszeitmodelle wie Jobsharing erfolgreich umgesetzt haben und welche Vorteile haben diese Unternehmen daraus gezogen?
Ja, es gibt Unternehmen, die bei der Umsetzung alternativer Arbeitszeitmodelle wie z.B. Job Sharing erfolgreich waren. Diese Modelle ermöglichen es den Beschäftigten, sich eine Vollzeitstelle zu teilen.
Unternehmen profitieren von größerer Flexibilität, Mitarbeiterzufriedenheit und einem breiteren Kompetenzspektrum, während Arbeitnehmer von einer besseren Work-Life-Balance und geteilten Verantwortlichkeiten profitieren.
Wie reagieren traditionelle Unternehmen auf den Wandel hin zu flexibleren Arbeitszeiten, vor allem dann, wenn dies in der Branche, in der sie tätig sind, nicht von Natur aus gefördert wird?
Traditionelle Unternehmen, die flexiblere Arbeitszeiten nicht von Natur aus unterstützen, könnten unterschiedlich auf den Wandel reagieren. Einige könnten zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und zur Gewinnung von Talenten schrittweise flexible Modelle einführen.
Andere könnten den Wandel nur zögerlich akzeptieren und ihre Führungskräfte im Umgang mit den Anforderungen einer flexibleren Arbeitswelt schulen.
Welche Herausforderungen könnten sich aus der Umstellung auf ergebnisorientiertes Arbeiten und flexiblere Arbeitszeiten sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Unternehmen ergeben?
Der Übergang zu ergebnisorientierter Arbeit und flexibleren Arbeitszeiten kann Herausforderungen mit sich bringen. Für die Arbeitnehmer könnten Unsicherheiten in Bezug auf Arbeitszeit und Arbeitsort entstehen, während es für die Unternehmen schwieriger werden könnte, die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.
Es kann auch zu Kommunikationsproblemen kommen, wenn nicht klar definiert ist, wie und wann Teammitglieder zusammenarbeiten.
Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Klarheit der Erwartungen ist für die Bewältigung dieser Herausforderungen von entscheidender Bedeutung.
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Thema: Wieso der 9-to-5-Job zum Auslaufmodell wird
Übersicht:
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