Darum sind ältere Mitarbeiter so wertvoll
In der Diskussion um Gleichberechtigung am Arbeitsplatz stehen oft das Geschlecht, die ethnische Herkunft und eventuell körperliche Einschränkungen im Mittelpunkt. Das Alter hingegen wird eher selten direkt angesprochen. In der Arbeitswelt scheint sich ein gewisser Jugendwahn auszubreiten. Bei Bewerbern jenseits der 40 oder gar 50 wird genau abgewogen, ob sich eine Einstellung noch lohnt. Immerhin sind solche Arbeitnehmer nicht nur schon älter und damit teurer, sondern auch nicht mehr so gut formbar.
Für eine echte, große Karriere ist es bereits zu spät und mit einer Familie im Hintergrund ist die Flexibilität ziemlich eingeschränkt.
Im Unterschied dazu möchten junge Arbeitnehmer beruflich etwas erreichen. Sie bringen die Offenheit mit, die es für komplexe, sich schnell ändernde Aufgaben, innovative Projekte, digitale Instrumente und moderne Methoden braucht. Möchte sich ein Unternehmen für die Zukunft aufstellen, braucht es den frischen Geist junger, aufgeschlossener und produktiver Mitarbeiter.
Solche Denkweisen sind weit verbreitet. Doch abgesehen davon, dass Klischee und Realität weit auseinander driften können, kann ein Schwarz-Weiß-Denken den Unternehmenserfolg ernsthaft gefährden. Zumal außer Acht bleibt, dass der demographische Wandel keine leere Floskel ist:
Darum sind ältere Mitarbeiter so wertvoll
Zweifelsohne muss nicht immer gleich von einer Altersdiskriminierung die Rede sein, wenn ein Unternehmen einem jüngeren Bewerber den Vorzug gibt. Viel wichtiger wäre, die Generationen nicht gegeneinander abzuwiegen. Der Fehler passiert schon dort, wo die Frage gestellt wird, welche Generation besser, produktiver und flexibler ist.
Das Ziel sollte sein, alle Potenziale auszuschöpfen und eine gedankliche Vielfalt zur Verfügung zu haben. Doch das wird nur gelingen, wenn es eine gesunde Mischung aus Jung und Alt gibt.
Es wird immer wieder Situationen geben, in denen jüngere Kollegen bestimmte Aufgaben schneller erledigen können. Aber manchmal wird ihnen der Blick für das große Ganze fehlen, den ältere Kollegen durch ihre jahrelange Erfahrung haben.
Eine Studie im Auftrag eines deutschen Autobauers hat in diesem Zusammenhang übrigens belegt, dass die jüngeren Mitarbeiter zwar tatsächlich flotter arbeiteten, allerdings auch mehr Fehler machten. Die älteren Mitarbeiter brauchten länger, hatten dafür aber eine niedrigere Fehlerquote.
Wer ausschließlich die Lohn- oder Gehaltskosten betrachtet, wird feststellen, dass ein älterer, erfahrener Arbeitnehmer teurer ist. Aber diesen Kosten stehen Faktoren gegenüber, die die Ausgaben relativieren und ältere Mitarbeiter gleichzeitig sehr wertvoll für ein Unternehmen machen:
Erfahrung
Ältere Mitarbeiter, die ihren Beruf schon viele Jahre lang ausüben, können oft direkt loslegen. Sie brauchen keine lange Einweisung und finden sich ohne Einarbeitung zurecht. Die Führungskraft muss ihnen nicht ständig über die Schulter schauen.
Außerdem bringt die Reife oft eine gewisse Gelassenheit mit sich. Oft können ältere Mitarbeiter komplexe Sachverhalte gut einschätzen. Sie lassen sich nicht so schnell aus dem Konzept bringen, verfallen nicht in Hektik und zweifeln nicht gleich an ihren Fähigkeiten, wenn es mal nicht ganz rund läuft.
Wissen
Arbeits- und Lebenserfahrung lässt Souveränität entstehen. Natürlich wissen ältere Arbeitnehmer nicht immer alles besser und selbstverständlich ist es wichtig, neue Ansätze, innovative Ideen und weiterentwickelte Abläufe auszuprobieren. Ohne frische Impulse geht es langfristig nicht.
Aber sich voller Tatendrang an die Arbeit zu machen, ist auch nicht immer die beste Lösung. Denn wenn aus Unwissenheit oder wegen fehlender Praxis Fehler passieren, ist niemandem geholfen.
Am Ende geht es darum, das vorhandene Potenzial zu bündeln. Das Wissen und die Erfahrung der älteren Mitarbeiter sollten im Unternehmen bleiben und an den Nachwuchs weitergegeben werden. Gleichzeitig sollten die alternden Kollegen die Chance nutzen, sich von den Jüngeren etwas abzuschauen.
Unterschiedliche Generationen haben oft verschiedene Sichtweisen. Während die Jüngeren vielleicht mehr auf moderne Technik setzen, bevorzugen die Älteren womöglich traditionellere Methoden.
Wenn sich beide austauschen, können sie gemeinsam Lösungen entwickeln, die Bestand haben. Denn die Produkte, die dabei entstehen, befriedigen Erwartungen und Bedürfnisse generationsübergreifend.
Loyalität
In der heutigen Zeit ist es normal, öfter den Arbeitgeber zu wechseln. Jemand, der am Anfang seines Berufslebens steht, braucht verschiedene Stationen, um Erfahrung zu sammeln und sich weiterzuentwickeln.
Der Wunsch nach neuen Herausforderungen ist oft größer, zumal der Arbeitnehmer weiß, dass es irgendwann für einen Neuanfang zu spät sein könnte. Fehlende Karrierechancen, mangelnde Anerkennung oder bessere Konditionen bei einem anderen Arbeitgeber können weitere Faktoren sein, die eine junge Fachkraft dazu anregen, den Weg woanders fortzusetzen.
Im Unterschied dazu bleiben ältere Mitarbeiter ihrem Unternehmen oft treu. Die tiefe Verbundenheit, die sich über Jahre aufgebaut hat, ist ein festes Band. Ist ein Mitarbeiter schon lange für ein Unternehmen tätig, hat er außerdem schon viele Phasen miterlebt.
Er hat die eine oder andere Umstrukturierung mitgemacht und Führungskräfte kommen und gehen sehen. Zeiten mit vollen Auftragsbüchern kennt er genauso wie wirtschaftliche Flauten. Ihn kann so schnell nichts mehr überraschen und vor allem nicht dazu veranlassen, seinem Unternehmen den Rücken zu kehren.
Netzwerke
Eine Sache, die viele Unternehmen komplett außer Acht lassen, sind die Netzwerke älterer Kollegen. Kontakte und Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Geschäftspartnern und anderen Stellen, die ein Mitarbeiter in den Jahren seiner Betriebszugehörigkeit aufgebaut und gepflegt hat, können verloren gehen, wenn er aus dem Unternehmen ausscheidet.
Engagement
Ein gängiges Klischee ist, dass die Lernbereitschaft, die Flexibilität, die Kreativität und die Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter weniger werden.
Doch das ist falsch. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bewiesen, dass es nicht vom biologischen Alter abhängt, wie leistungsfähig, flexibel, kreativ oder offen für Innovationen jemand ist. Entscheidend ist vielmehr, ob sich jemand in seinem Umfeld einbringen kann oder ob er ausgebremst wird.
Hören ältere Kollegen ständig, dass ihre Ideen nicht mehr zeitgemäß sind und die Jungen das schon machen, werden sie sich verständlicherweise zurückziehen und ihre Energie in private Hobbys investieren. Doch damit verschenkt das Unternehmen viel Potenzial.
Denn gerade viele ältere Arbeitnehmer würden dem Unternehmen gerne noch ein paar Jahre zur Verfügung stehen und engagiert mit anpacken – eben weil sie noch längst nicht zum alten Eisen gehören.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Führungsrolle: Was gehört dazu und wo sind die Grenzen?
- 3 wichtige Führungsqualitäten in der neuen, modernen Arbeitswelt
- Was für proaktive Kommunikation spricht, 2. Teil
- Was für proaktive Kommunikation spricht, 1. Teil
- 5 Gründe, warum Führungskräfte in sich selbst investieren sollten
- 7 Fehlerquellen bei der Beurteilung von Mitarbeitern, 2. Teil
- 7 Fehlerquellen bei der Beurteilung von Mitarbeitern, 1. Teil
- 5 Tipps für virtuelles Führen
Thema: Darum sind ältere Mitarbeiter so wertvoll
Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns
- Wie weit geht das Weisungsrecht von Führungskräften? 1. Teil - 14. November 2024
- Wie viel Wahrheit steckt in den Generationen-Klischees? - 3. Oktober 2024
- Studien zur Arbeitsmotivation – das zählt für Mitarbeiter wirklich, Teil 2 - 4. September 2024
Oh ja, davon könnte ich ein Lied singen… Am besten 15 Jahre Erfahrung haben, aber erst 20 Jahre alt sein *grins*
Jetzt bin ich aber endlich in einer Position angelangt, in der ich über sowas entscheiden darf und da sind ältere Bewerber gerne gesehen, vor allem für Managementpositionen, die Menschenkenntnis voraussetzen und gleichzeitig ein gewisses Maß an Expertise.