Das Eskalationsmodell nach Glasl zur Konfliktlösung, 1. Teil

Das Eskalationsmodell nach Glasl zur Konfliktlösung, 1. Teil

In einem Team kann es immer wieder zu Konflikten kommen. Genauso ist es völlig normal, dass sich einige Mitarbeiter untereinander besser verstehen, während sie mit anderen Kollegen weniger gut zurechtkommen. Solange Unstimmigkeiten zügig beigelegt werden können und keine nennenswerten Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Team haben, ist alles in Ordnung. Aber Konflikte können eben auch schwelen und irgendwann eskalieren.

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Das Eskalationsmodell nach Glasl zur Konfliktlösung, 1. Teil

Um das zu vermeiden, sollte die Führungskraft rechtzeitig eingreifen. Eine Möglichkeit dafür ist das Eskalationsmodell nach Glasl.

Wie dieses Modell zur Konfliktlösung funktioniert, erklären wir in einem zweiteiligen Ratgeber für Führungskräfte:

Was besagt das Eskalationsmodell nach Glasl?

Friedrich Glasl ist ein österreichischer Ökonom, Organisationsberater und Konfliktforscher. Er gilt als führender Experte auf dem Gebiet des Konfliktmanagements. Seine Bücher und Lehrfilme zum Thema zählen inzwischen zu den Standardwerken.

Glasls Modell zur Eskalation von Konflikten umfasst neun Stufen. Ist den Parteien klar, auf welcher Stufe sie stehen, können sie den Konflikt analysieren, die Entwicklung nachvollziehen und angemessen gegensteuern.

Hat ein Konflikt eine gewisse Stufe erreicht, kann er nach diesem Modell ohne Hilfe von außen nicht mehr gelöst werden.

Die neun Stufen, wie sich ein Konflikt entwickeln und zunehmend verschärfen kann, unterteilt Glasl in drei Ebenen. In der ersten Ebene können die Beteiligten den Konflikt noch selbst bewältigen, ohne dass ein nachhaltiger Schaden eintritt.

Unter Umständen nehmen die Beteiligten sogar einen Gewinn aus der Sache mit. Diese Ebene nennt Glasl deshalb „Win-Win“.

Befindet sich der Konflikt bereits auf der zweiten Ebene namens „Win-Lose“, gibt es nur noch einen Gewinner. Die andere Partei verliert den Konflikt. In der dritten Ebene ist der Konflikt so weit eskaliert, dass beide Seiten nur noch verlieren können. Deshalb heißt diese Ebene „Lose-Lose“.

Je weiter es auf die letzte Stufe zugeht, desto primitiver werden die Methoden, mit denen die Beteiligten um den Sieg ringen.

Aus diesem Grund stellt Glasl sein Eskalationsmodell auch nicht mit Stufen dar, die ansteigen. Stattdessen wählt er eine Treppe, die im übertragenen Sinne immer weiter in die Tiefe des menschlichen Wesens hinabführt.

  1. Ebene – Win-Win

Stufe 1: Verhärtung

Spannungen treten auf und es kommt zu ersten Missverständnissen. Unterschiedliche Meinungen prallen aufeinander. Die Stimmung wird verkrampfter und die Fronten können sich verhärten.

Noch ist die Situation harmlos. Solche Meinungsverschiedenheiten sind im alltäglichen Miteinander normal und lassen sich durch Gespräche lösen. Eine Lagerbildung gibt es noch nicht.

Stufe 2: Debatte und Polarisation

Der Konflikt wird fundamentaler. Die Beteiligten tragen ihre Meinungsverschiedenheit öffentlich aus. Jeder versucht, den anderen durch Argumente zu überzeugen und unter Druck zu setzen.

Gleichzeitig beharren die Beteiligten auf ihren Standpunkten und zeigen keine Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. Der Ton wird spürbar rauer.

Stufe 3: Taten statt Worte

Der Druck auf den Konfliktpartner wird erhöht. Die Kommunikation verliert zunehmend an Bedeutung. Gespräche werden frustriert oder genervt und meist ohne Ergebnis abgebrochen.

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Die Beteiligten beginnen, sich gegenseitig zu blockieren. Der Konflikt geht in Handlungen über. Statt sich auszutauschen oder zumindest gegenseitig zu informieren, wird der Konfliktpartner vor vollendete Tatsachen gestellt.

An die Stelle von Empathie treten Misstrauen und negative Erwartungen. Dadurch verschärft sich der Konflikt zusätzlich.

  1. Ebene – Win-Lose

Stufe 4: Image und Koalition

Mit Stufe 4 ist die erste Stufe erreicht, auf der nur noch ein Beteiligter als Sieger aus dem Konflikt herausgehen kann. Die Konfliktpartner versuchen, ihr Image zu stärken und Verbündete zu finden. Lager entstehen, die gegeneinander arbeiten. Gerüchte über die Gegenseite werden gestreut und Kampagnen gegen sie gestartet.

Statt nach Lösungen zu suchen, beschuldigen und attackieren sich die Konfliktparteien gegenseitig.

Oft wird es dabei auch persönlich. Es geht nicht mehr um den ursprünglichen Streitpunkt, der den Konflikt ausgelöst hat. Im Fokus steht, den Konflikt zu gewinnen.

Stufe 5: Gesichtsverlust

Die gegenseitigen Angriffe werden persönlich und direkt. Um den Kontrahenten bloßzustellen und ihm Schaden zuzufügen, wird zu allen Mitteln gegriffen. Hiebe unter die Gürtellinie bleiben nicht aus.

Der Verlust des gegenseitigen Vertrauens und des moralischen Anstands geht Hand in Hand mit einem Gesichtsverlust.

Schon der Anblick des Konfliktpartners genügt, um negative Gefühle hervorzurufen.

Stufe 6: Drohstrategien

Es wird deutlich, wie weit der Konflikt fortgeschritten und wie ernst er geworden ist. Den Konfliktparteien wird klar, dass sie so nicht weitermachen können. Deshalb gehen sie zu Drohungen und Ultimaten über, um die Gegenseite einzuschüchtern und Oberwasser zu gewinnen.

Eine Forderung wird oft mit einer Strafe verknüpft. Je glaubwürdiger die mögliche Strafe ist, desto wirkungsvoller ist die Drohung und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Forderung erfüllt wird.

An dieser Stelle geht es darum, Macht zu demonstrieren und aufzuzeigen, wer am längeren Hebel sitzt. Die Machtspiele nehmen immer größere Ausmaße an, wodurch auch der Konflikt weiter eskaliert.

Das Eskalationsmodell nach Glasl zur Konfliktlösung, 1. Teil (1)

  1. Ebene – Lose-Lose

Stufe 7: Begrenzte Vernichtungsschläge

Um die Gegenseite zu schwächen, schaden sich die Konfliktparteien aktiv. Auf dieser Stufe wird erstmals ein eigener Schaden in Kauf genommen, wenn der Schaden für die Gegenseite damit vergrößert werden kann.

Die Menschlichkeit wird ausgesetzt, Werte treten in den Hintergrund. Es werden alle Tricks ausgeschöpft, um dem Kontrahenten zu schaden.

Stufe 8: Zersplitterung

Das Ziel ist, den Gegner auszulöschen oder zu zerstören. Die Konfliktparteien sind zu keiner Kommunikation mehr bereit, sondern setzen Ultimaten, um Zugeständnisse zu erzwingen. Der Konflikt eskaliert vollständig.

Stufe 9: Gemeinsam in den Abgrund

Einen Weg zurück gibt es nicht mehr. Beide Parteien gehen in die totale Konfrontation. Eigene, erhebliche Nachteile werden in Kauf genommen, wenn die Gegenseite dadurch in den Abgrund gerissen werden kann.

Warum Führungskräfte das Eskalationsmodell nach Glasl kennen sollten und wie sie es nutzen können, um bei Konflikten im Team deeskalierend einzugreifen, schauen wir uns im 2. Teil an.

Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:

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Sabine Nauer - Trainingsentwickler und Beraterin in Personalentwicklung, Michael Patzek - Personalreferent, Maike Müller - Trainingscoach für Führungskräfte, sowie Ferya Gülcan - Redakteurin, Unternehmerin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Anleitungen und Ratgeber zur Motivation von Mitarbeitern, Weiterbildung von Führungskräften und dem Personalwesen.

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