Scheitern als Führungskompetenz

Scheitern als Führungskompetenz

Sehr viele Menschen haben Angst davor, zu scheitern. Dazu mischt sich das ungute Gefühl, sich lächerlich zu machen und vor anderen als Versager dazustehen. Wenn etwas schiefgeht, wird deshalb am besten erst gar nicht darüber gesprochen.

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Scheitern als Führungskompetenz

Andererseits kann es gerade die Angst vor einem möglichen Versagen sein, die bremst und Entscheidungen verhindert. Und der selbst auferlegte Druck, alle Aufgaben, Herausforderungen und Situationen immer möglichst gut und erfolgreich meistern zu müssen, verzerrt die Realität.

Scheitern als Führungskompetenz

So mancher wählt die Taktik, zu vertuschen und zu täuschen, um weder sich selbst noch andere zu enttäuschen. Das gilt auch für Führungskräfte. Sie haben nicht den Mut und nicht die Erfahrung, in Schwierigkeiten, Konflikten und einem Scheitern eine Chance zu sehen, aus der sie stärker herauskommen können, als sie hineingegangen sind.

Das eher problematische Denkmuster ist aber in erster Linie ein deutsches Phänomen. Amerikanische Führungskräfte gehen ganz anders mit einem Scheitern um.

Sie haben keine Angst davor, Fehler zu machen, und vertuschen missglückte Versuche nicht. Ganz im Gegenteil: Wer eine gute Führungskraft sein will, muss die Erfahrung gemacht haben, einmal so richtig auf die Nase zu fallen. Die große Stärke zeigt sich dann nämlich im Aufstehen.

Die Idee dahinter ist, dass jede Pleite und jede Niederlage die Chance bietet, daraus zu lernen. Es ist völlig in Ordnung, Fehler zu machen. Entscheidend ist, sich danach wieder zu berappeln.

Eine amerikanische Führungskraft wird stolz und voller Überzeugung erklären, dass sie die Pleite nicht entmutigt, sondern gerade dazu ermutigt hat, einen neuen Anlauf zu wagen. Zumal sie jetzt weiß, wo die Stolperfallen sind und welche Fehler es zu vermeiden gilt.

Stolpern, hinfallen und wieder aufstehen, gehört zum Leben dazu. Kein Kind käme auf die Idee, die Sache mit dem Laufen aufzugeben, nur weil es am Anfang nicht so gut klappt.

Diese Erkenntnis ist nicht neu. Und so langsam scheint sie auch in der deutschen Wirtschaft anzukommen. Unter der Bezeichnung “Failure Night” werden sogar Events für Führungskräfte veranstaltet, bei denen es um Fehler und das Lernen daraus geht.

Fehler als Basis für Kreativität

Schon Einstein wusste, dass sich jemand, der noch nie einen Fehler gemacht hat, noch nie an etwas Neuem versucht hat. Diese Weisheit sollte eine Führungskraft für sich nutzen.

Es ist wichtig, Fehler, missglückte Versuche und kleinere Unfälle zuzulassen. Denn nur wer in Kauf nimmt, dass ein Plan nicht funktioniert, gibt neuen Ideen und kreativen Ansätzen eine Chance.

Hält die Führungskraft immer nur streng alle Vorgaben ein, gerät sie ins Straucheln, wenn etwas mal nicht nach Plan verläuft. Unerwartete Zwischenfälle können dann den gesamten Ablauf lahmlegen.

Und einen Plan B gibt es nicht. Belässt es die Führungskraft dabei, an altbewährten Mustern festzuhalten und in Meetings nur das zu kommunizieren, was mit den Vorgaben konform geht und gerne gehört wird, wird sie nirgends anecken.

Aber auf diese Weise werden auch immer nur die bekannten Ergebnisse reproduziert. Weiterentwicklungen und neue Lösungen wird es nicht geben.

Kreativität erfordert den Mut, von den bewährten Mustern und Vorgaben abzuweichen, auch wenn dadurch Fehler und Unfälle passieren können. Andererseits sind es oft gerade solche Missgeschicke, die bahnbrechende Entwicklungen begünstigen.

Hätte die alte Ägypterin seinerzeit zum Beispiel ihren Teig nicht vergessen, gäbe es heute vielleicht unser Brot nicht. Und wenn das Bergamotte-Öl nicht so neben dem Tee gestanden hätte, dass es bei der turbulenten Seereise von Indien nach England umgekippt wäre, gäbe es den so beliebten Earl Grey Tee nicht.

Umgang mit Problemen als Führungsstärke

Statt die ganze Energie dafür aufzuwenden, keine Fehler zu machen und ein mögliches Scheitern zu vermeiden, sollte die Führungskraft besser lernen, richtig auf Probleme, Missgeschicke und Konflikte zu reagieren.

Echte Führungskompetenz und Führungsqualität zeigt sich gerade darin, wie die Führungskraft mit Schwierigkeiten und Widrigkeiten umgeht. Der Versuch, allen Stolperfallen aus dem Weg zu gehen, führt genau dazu, was die Führungskraft nicht will: Sie bekommt ein Problem mit Problemen, weil sie damit nicht umzugehen weiß.

Natürlich heißt das nicht, dass die Führungskraft ruhig alles auf die leichte Schulter nehmen kann. Es geht nicht darum, gezielt Probleme zu provozieren.

Das Ziel ist vielmehr, sich von der Angst vor einem möglichen Scheitern zu lösen und das Beste aus der Situation zu machen, falls es doch passiert.

Ein Beispiel: Die Führungskraft kommt morgens ins Büro und muss feststellen, dass sämtliche Computer ausgefallen sind. Auch die Telefonleitungen sind tot. Natürlich ist der erste Schritt, einen Techniker zu rufen. Doch dann gibt es zwei Möglichkeiten.

So kann die Führungskraft entweder genervt neben dem Techniker stehen bleiben, bis er die Systeme wieder zum Laufen gebracht hat. Oder sie nutzt den Ausfall, um sich mit ihrem Team zusammenzusetzen und einen Kaffee zu trinken.

Die Arbeit steht so oder so still. Aber durch das lockere Meeting kann ein Austausch stattfinden. Vielleicht werden sogar Dinge angesprochen, die schon längst auf den Tisch gehört hätten.

Zudem überträgt die Führungskraft ihre Anspannung nicht auf das Team. Sobald die Systeme wieder funktionieren, kann und wird sich das Team deshalb motivierter und mit Elan an die Arbeit machen.

Krisen als Chance für ein starkes Team

Natürlich lassen sich nicht alle Probleme und Schwierigkeiten schnell und einfach beheben. Doch auch und gerade eine echte, große Krise kann eine Riesenchance sein.

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Angenommen, einer der wichtigsten Kunden hat einen Großauftrag storniert. Die Folgen für das Unternehmen sind gewaltig, Existenzängste machen sich breit.

Die Sorge der Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze sorgt dafür, dass die Arbeitsabläufe nicht mehr rund laufen. Zu dem Problem mit der Auftragslage kommt also noch ein Mitarbeiterproblem dazu.

So eine Krise lässt Menschen aufmerksam und sensibel werden. Die Krise bündelt die Aufmerksamkeit, alle Augen sind auf das Problem gerichtet. Genau das eröffnet der Führungskraft die Chance, ihr Team mit einer gezielten Ansprache abzuholen.

Wenn es ihr gelingt, das Team zusammenzuschweißen und den Fokus auf die Unternehmensziele zu lenken, wird sie mit einer starken Truppe aus der Krise hervorgehen. Gleichzeitig schafft die Führungskraft die Basis dafür, dass auch in Zukunft alle an einem Strang ziehen.

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Sabine Nauer - Trainingsentwickler und Beraterin in Personalentwicklung, Michael Patzek - Personalreferent, Maike Müller - Trainingscoach für Führungskräfte, sowie Ferya Gülcan - Redakteurin, Unternehmerin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Anleitungen und Ratgeber zur Motivation von Mitarbeitern, Weiterbildung von Führungskräften und dem Personalwesen.

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